Reisebericht unserer Kundin Frau Farin, 04. - 12.02.2022
04. -12.04. 2022
Meine diesjährigen Naturtouren begann ich mit einem tierreichen, strahlend schönen verlängerten Wochenende am Steinhuder Meer, sozusagen als „Einstiegsdroge!“, bevor ich hochmotiviert und gespannt, aber auch ein wenig unsicher mit 5 weiteren Leuten in den „wilden“ Osten Polens startete. Wir benötigten ungefähr 9,5 Stunden, bevor uns Reiseleiter Piotr in Bialystok sehr pünktlich in Empfang nehmen konnte. Die Fahrt durch und aus der modernen Großstadt heraus führte uns schließlich über eine Sandpiste zu einem Minidorf und einem zauberhaften Hexenhäuschen. Davor saß das Empfangspersonal auf der Bank,- zwei stattliche Hühner, die laut Piotr jeden Morgen je 1 Ei in ihren Korb darunter legen!! Gar nicht neugierig schauten sie uns durch die Fenster bei unserem Treiben zu. Zwei sehr verschieden große, betagte Hunde beäugten uns und aus der Küche duftete es verheißungsvoll!- und eine alte Dame tischte auf, was das Zeug hielt und wir sanken später rund und gesund in die Betten, um in fast völliger Stille gut zu ruhen, -dafür weckten uns am Morgen sehr emsige Hähne.
Das Besichtigungsprogramm war reichhaltig, aber leider etwas behindert durch arktische Temperaturen, bei denen auch die Tiere sich nicht allzu munter zeigten. Mit Piotr's Kleinbus erreichten wir auch entlegene Gegenden, aber den Rest gingen wir zu Fuß und hatten so die besten Gelegenheiten für tolle Beobachtungen, vor allem die vielen heimkehrenden gefiederten Anwohner entzückten uns, natürlich besonders die emsigen Fotografinnen, - die Herren hielten sich vornehm zurück!
An einem Abend wurde ich dazu verdonnert, eine App einzurichten,- natürlich nicht eigenhändig, ich ließ einrichten! Und tatsächlich erhielt ich die ersten Exponate und vergass fast, bei welch unwirtlichen Wetterbedingungen die Bilder entstanden waren, denn ein eisiger Wind hatte die Beobachtungen doch sehr behindert. Sogar einige Regentropfen hatten sich auf die weiten Wasser- und Wiesenflächen begeben und auf uns, so wir denn aus dem Auto gestiegen waren!
Als dann nach einem kurzen Schneeeinbruch das Wetter etwas erträglicher wurde, konnte Pitor grade noch vor einer sonnenden Blindschleiche bremsen, die ich sofort ablichtete und wenig später bremste er auch für Frösche und zwar in diesem Fall für einen blauen Moorfrosch, den ich schnell von der Straße rettete und ihn in das Laichgewässer entließ, nachdem er sich gelassen, oder auch nur kältesteif! von allen hatte ablichten lassen. Dann bewunderten wir das Gurren und Plantschen der paarungsbereiten Männchen, die laut Piotr nur wenige Tage blau bleiben, solange, bis sie ihre Pflicht erfüllt haben. Der Besuch des Nat.-Park-Hauses mit einem deutschsprechenden Ranger und einer ansprechenden, kleinen Ausstellung zeigte uns, dass die Nat.Schutz-Idee durchaus ernst genommen wird. Zum Glück haben die Polen viel freies Land, das sie wegen der jeweiligen Beschaffenheit des Geländes gerne dem Naturschutz überlassen.
Am hohen Ufer des urigen, mäandernden Flusses, gerieten uns prompt Elche vor die jeweiligen Linsen, - zwar standen oder ästen sie in reichlich weit weg, aber für die Damen mit den langen Rohren grade noch erreichbar und für uns alle durch die Tele-Objektive und das Spektiv gut sichtbar. Zwischendurch mussten wir uns im Bus aufwärmen, obwohl wir alles anhatten, was die Koffer hergaben! Auch zeitiges Aufstehen war hin und wieder angesagt, um die tierischen Frühaufsteher zu sichten, die sich aber oft rar machten. Die kleinen Wanderungen durchs Gelände boten immer wieder interessante Sichtungen, wir bemerkten die jetzt heimkehrenden Störche, die staksenden Kraniche, die nach Futter suchten, um evtl. schon ihre Küken zu füttern, aber es waren auch noch balzende Paare unterwegs. Auch jede Menge Kampfläufer schwirrten über die Wiesen und schwammen im Flachwasser, aber sie trugen noch nicht ihre eindrucksvolle Kampfmontur, nämlich ihr Prachtkleid für die Balz! Piotr bemerkte für uns z.B. Waldwasserläufer, Rothalstaucher, Bekassinen, Schnepfen, während wir den Rotmilan sogar selbst er kannten!
Von all diesen Unternehmungen und Begegnungen kamen wir immer in die gemütliche, warme Stube zurück, wo bereits das Essen auf uns wartete und Hunde und Hühner. An einem Morgen traten wir zur „richtigen“ Zeit vor die Tür und sahen tatsächlich die frisch gelegten Eier in den Körben!
Der dichte Wald um den kleinen Ort Gugny barg noch weitere Besonderheiten außer seltenen Tieren, er beherbergte auch einen Sonderling, der hier durch Weidewirtschaft und Tierbesatz ganz offiziell für offene Flächen sorgte. Dieser spezielle Mensch sammelte mit Leidenschaft alles, was ihm in die Hände fiel und gab absolut nichts wieder her! Ähnlich hielt er es auch mit seinen Tieren, die durften auf dem Gelände leben, so lange sie konnten und wollten und auch sterben, ohne dass je ein Tierarzt sie sehen durfte, er verweigerte jeden Eingriff! Gleich zwei hübsche Holzhäuser hatte er bis unters Dach mit mehr oder weniger wertvollen Antiquitäten (aber auch Schund!) vollgestopft und hielt mit eiserner Hand an jedem Teil fest. In der nächsten Stadt gehörte ihm ebenfalls ein Haus, das mit angeblich ansehnlichen, aber unverkäuflichen Bildern bestückt war.
Wir schmusten mit den zutraulichen Ur-Pferden und bewunderten die großen Stiere, die vor Kraft kaum laufen konnten, aber absolut friedlich über die Koppel stapften.
Als der vorgesehene Ortswechsel erfolgte, tröstete uns nur die Aussicht auf Neues und Schönes und der kenntnisreiche Piotr hatte die Reiseroute so gelegt, dass wir beides auch erleben durften. Hätte es nicht leicht gefeuchtelt, wären wir sicher nicht in das zum Museum umgewidmete jüd. Gebetshaus gegangen, aber evtl. sahen wir deshalb die große Herde Wisente auf den Äckern, die hier die frisch aufgegangene Saat abweideten und den Bauern zu ihrer Entschädigung verhalfen. Uns entschädigte der tolle Anblick für die Unannehmlichkeit eines steckengebliebenen Wagens! Aber nur wenige Kilometer lagen zwischen der aufgehübschten Stadt mit dem Museum und der Wildnis mit den Wisenten, die gelassen, aber wachsam die Besucher beäugten, die ihnen lange Fotokanonen in die urweltlichen Gesichter hielten, aber brav auf Abstand blieben, um die Tiere nicht am Fressen zu hindern, weil sie uns ja beobachten mussten!
Als wir nach einem „echt“ polnischen Essen – wie meist viel zu üppig! - endlich „Hoynofka“ erreichten, quartierte uns Piotr in den Gästezimmern seines Hauses ein und wir wurden von den menschenfreundlichen Haustieren begrüßt, einem verschmusten Tierheimhund und einer überaus zärtlichen Schmusekatze, die wie in alten Geschichten oft oben auf dem Kachelofen „abhing“ und sich nur durch Streicheleinheiten herunter locken ließ. Hier in dem gemütlichen Mehrzweckwohnzimmer frühstückten wir und besprachen das Programm für den Tag, wenn wir nicht mal wieder vor dem Hellwerden unterwegs sein mussten, um z.B. den Sperlingskauz zu finden. Dafür waren wir an einem Morgen bereits um 5,15Uhr unterwegs! Und tatsächlich wurde Piotr am 3. vermuteten Standort fündig und lockte das Tierchen mit dem Tonband.
Reichlich irritiert musterte die starengroße „kleine“ Eule die Typen, die unter ihrem Baum standen, um zwar leise, aber doch sichtlich begeistert die Minieule zu bewundern und abzulichten. Dabei schafften wir es, sehr dezent zu sein. An einem anderen, diesmal frostig kalten Morgen mit zartem Raureif gingen wir auf die Kleinspechtjagd und tatsächlich fand Piotr – durch Zufall und/oder Können das bunte Spechtmädchen, das sich über die ungewohnte Beschallung lauthals beschwerte. Sobald genug Bilder gesichert waren, durfte sie weiter ihrem Brutgeschäft nachgehen. An einem Abend bemühte sich Piotr, uns eine Bibersichtung zu verschaffen, aber trotz absoluter Ruhe bekamen wir nur ganz kurz einen dieser fleißigen Holzfäller zu Gesicht. Aber die Abendstimmung in der prachtvollen Natur hatte ihren eigenen Reiz.
Bei einer längeren Wanderung durch einen wieder vernässten Auenwald wurden unsere Kletterkünste gefordert, weil uns gestürzte Bäume am zügigen Weiterkommen hinderten. Dafür bemerkten wir wandernde Frösche und Kröten, sichteten blühenden Seidelbast, Wolfslosung und Wisentspuren, das volle Programm,- bevor wir über eine der hervorragenden Straßen wieder in Piotrs Heim fuhren.
Eine Wanderung am Flußufer der Narew endete im Wasser, das erst im Sommer eine Querung erlaubt, aber Piotr legte Planken aus, so dass wir trockenen Fußes über einen kleinen Zulauf kamen und nebenbei noch Höcker-und Singschwäne, aber auch verschiedene Entenarten sehen konnten.
In einem Dorf am Fluss saßen auf jeder Laterne Störche auf dem Nest und im nahen Wald lief uns ein alter Wisent fast über die Füße und ließ sich nicht stören, wahrscheinlich hatte er sein Soll erfüllt und fraß sich nach getaner Arbeit wieder etwas Fett an, auch um sein Winterfell loszuwerden. So jagte eine Senation die nächste und wir kamen kaum nach mit fotografieren, schauen, staunen und genießen! Dabei müßte man eigentlich eine volle Jahreszeit erleben können, um den gesamten Umfang des Naturreichtums dieser Gegend zu erfassen, die uns nur der kenntnisreiche Piotr vermitteln konnte.